Dienstag, 17. Dezember 2013

Blog ›Nachtage‹ (Maturitätsarbeit)

Hier der Link zu den sehr lesenswerten Texten mit dem Schwerpunkt Coming-of-Age.

Die acht Figuren spiegeln die düstere und problematische Seite des Jungseins, sozusagen the dark side of the moon in Sachen jugendlicher Euphorie und Aufregung. 
Alle Texte stammen vom Tag nach einer großen Party, an welcher sich manches ereignete, das nicht folgenlos bleiben wird. 
Die Figuren sind sich selbst auf der Spur, ähnlich wie bei Hesses ›Demian‹ geht es um die Suche nach der eigenen Identität, um die Bedeutung anderer Menschen für das Selbstbild, den Individuationsprozess und Fragen der Zugehörigkeit.

Dienstag, 19. November 2013

Montag, 18. November 2013

Lieder zum Thema Liebeskummer (1)



von
Element of Crime

Parallelen zu Werther und gleichzeitig ein Kontrastprogramm zu ihm:
hier will einer unbedingt vergessen, mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln. 
Und überall ist da noch Liebe, und die Welt ist verseucht vom anderen,
wie die letzten paar Zeilen verraten. 

Liedtext

Ich nehm deine Katze und schüttel sie aus

Bis alles herausfällt

Was sie jemals aus meiner Hand fraß

Später klopf ich noch den Teppich aus


Und find ich ein Haar von mir darin

Dann steck ich es einfach ein

Nichts soll dir böse Erinnerung sein

Verraten, was ich dir gewesen bin
Sag nicht, dass das gar nicht nötig wär

Denn schmerzhaft wird es erst hinterher

Wenn wieder hochkommt, was früher mal war

Dann lieber so rein und so dumm sein wie weißes Papier



Auch werd ich in Zukunft ein anderer sein

Als der, den du in mir sahst

Die Hose, die Du mir gehäkelt hast
Werf ich in den Container der Heilsarmee rein


Ich ess auf dem Fußboden aus der Hand

Seh mir jeden Trickfilm im Fernsehen an

Alles was Du nicht magst, lobe ich mir

Ich werd einfach so rein und so dumm sein wie weißes Papier



Nicht mal das Meer darf ich wiedersehen

Wo der Wind deine Haare vermisst

Wo jede Welle ein Seufzer

Und jedes Sandkorn ein Blick von dir ist


Am liebsten wär ich ein Astronaut

Und flöge auf Sterne wo gar nichts vertraut

Und versaut ist durch eine Berührung von dir

Ich werd nie mehr so rein und so dumm sein wie weißes Papier

Samstag, 16. November 2013

Sturm und Drang (1765-1785)


Die folgenden Zitate des Königsberger Johann Georg Hamann (1730-1788)
Er war wie Jean-Jacques Rousseau ein Aufklärungsskeptiker und Wegbereiter der jugendlich-rebellischen Bewegung des ›Sturm und Drang‹ (›Geniezeit‹)

Die Liebe brennt,
die Klugheit ist kalt.

Wenn sich das Herz erklärt,
so tut unser Verstand nichts als klügeln.

Das Herz schlägt früher als der Kopf denkt –
ein guter Wille ist brauchbarer als eine noch so reine Vernunft.

Alle Wunder der Heiligen Schrift geschehen in unserer Seele.

Denken Sie weniger und leben Sie mehr!

Faust I.

In einem hochgewölbten, engen gotischen Zimmer FAUST unruhig auf seinem Sessel am Pulte.
Faust:
Habe nun, ach! Philosophie,

Juristerei und Medizin,

Und leider auch Theologie

Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.

Da steh ich nun, ich armer Tor!

Und bin so klug als wie zuvor;

Heiße Magister, heiße Doktor gar

Und ziehe schon an die zehen Jahr

Herauf, herab und quer und krumm

Meine Schüler an der Nase herum –

Und sehe, daß wir nichts wissen können!

Das will mir schier das Herz verbrennen.

Zwar bin ich gescheiter als all die Laffen,

Doktoren, Magister, Schreiber und Pfaffen;

Mich plagen keine Skrupel noch Zweifel,

Fürchte mich weder vor Hölle noch Teufel –

Dafür ist mir auch alle Freud entrissen,

Bilde mir nicht ein, was Rechts zu wissen,

Bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren,

Die Menschen zu bessern und zu bekehren.

Auch hab ich weder Gut noch Geld,

Noch Ehr und Herrlichkeit der Welt;

Es möchte kein Hund so länger leben!

Drum hab ich mich der Magie ergeben,

Ob mir durch Geistes Kraft und Mund

Nicht manch Geheimnis würde kund;

Daß ich nicht mehr mit saurem Schweiß

Zu sagen brauche, was ich nicht weiß;

Daß ich erkenne, was die Welt

Im Innersten zusammenhält,

Schau alle Wirkenskraft und Samen,

Und tu nicht mehr in Worten kramen.

O sähst du, voller Mondenschein,

Zum letzenmal auf meine Pein,

Den ich so manche Mitternacht

An diesem Pult herangewacht:

Dann über Büchern und Papier,

Trübsel'ger Freund, erschienst du mir!

Ach! könnt ich doch auf Bergeshöhn

In deinem lieben Lichte gehn,

Um Bergeshöhle mit Geistern schweben,

Auf Wiesen in deinem Dämmer weben,

Von allem Wissensqualm entladen,

In deinem Tau gesund mich baden!

Weh! steck ich in dem Kerker noch?

Verfluchtes dumpfes Mauerloch,

Wo selbst das liebe Himmelslicht

Trüb durch gemalte Scheiben bricht!

Beschränkt mit diesem Bücherhauf,

Den Würme nagen, Staub bedeckt,

Den bis ans hohe Gewölb hinauf

Ein angeraucht Papier umsteckt;

Mit Gläsern, Büchsen rings umstellt,

Mit Instrumenten vollgepfropft,

Urväter Hausrat drein gestopft –

Das ist deine Welt! das heißt eine Welt!

Und fragst du noch, warum dein Herz

Sich bang in deinem Busen klemmt?

Warum ein unerklärter Schmerz

Dir alle Lebensregung hemmt?

Statt der lebendigen Natur,

Da Gott die Menschen schuf hinein,

Umgibt in Rauch und Moder nur

Dich Tiergeripp und Totenbein.

Flieh! auf! hinaus ins weite Land!

Und dies geheimnisvolle Buch,

Von Nostradamus' eigner Hand,

Ist dir es nicht Geleit genug?

Erkennest dann der Sterne Lauf,

Und wenn Natur dich Unterweist,

Dann geht die Seelenkraft dir auf,

Wie spricht ein Geist zum andren Geist.

Umsonst, daß trocknes Sinnen hier

Die heil'gen Zeichen dir erklärt:

Ihr schwebt, ihr Geister, neben mir;

Antwortet mir, wenn ihr mich hört!
Er schlägt das Buch auf und erblickt das Zeichen des Makrokosmus.
Ha! welche Wonne fließt in diesem Blick

Auf einmal mir durch alle meine Sinnen!

Ich fühle junges, heil'ges Lebensglück

Neuglühend mir durch Nerv' und Adern rinnen.

War es ein Gott, der diese Zeichen schrieb,

Die mir das innre Toben stillen,

Das arme Herz mit Freude füllen,

Und mit geheimnisvollem Trieb

Die Kräfte der Natur rings um mich her enthüllen?

Bin ich ein Gott? Mir wird so licht!

Ich schau in diesen reinen Zügen

Die wirkende Natur vor meiner Seele liegen.

Jetzt erst erkenn ich, was der Weise spricht:

»Die Geisterwelt ist nicht verschlossen;

Dein Sinn ist zu, dein Herz ist tot!

Auf, bade, Schüler, unverdrossen

Die ird'sche Brust im Morgenrot!«
er beschaut das Zeichen
Wie alles sich zum Ganzen webt,

Eins in dem andern wirkt und lebt!

Wie Himmelskräfte auf und nieder steigen

Und sich die goldnen Eimer reichen!

Mit segenduftenden Schwingen

Vom Himmel durch die Erde dringen,

Harmonisch all das All durchklingen!

Welch Schauspiel! Aber ach! ein Schauspiel nur!

Wo fass ich dich, unendliche Natur?

Euch Brüste, wo? Ihr Quellen alles Lebens,

An denen Himmel und Erde hängt,

Dahin die welke Brust sich drängt –

Ihr quellt, ihr tränkt, und schmacht ich so vergebens?
er schlägt unwillig das Buch um und erblickt das Zeichen des Erdgeistes
Wie anders wirkt dies Zeichen auf mich ein!

Du, Geist der Erde, bist mir näher;

Schon fühl ich meine Kräfte höher,

Schon glüh ich wie von neuem Wein.

Ich fühle Mut, mich in die Welt zu wagen,

Der Erde Weh, der Erde Glück zu tragen,

Mit Stürmen mich herumzuschlagen

Und in des Schiffbruchs Knirschen nicht zu zagen.

Es wölkt sich über mir –

Der Mond verbirgt sein Licht –

Die Lampe schwindet!

Es dampft! – Es zucken rote Strahlen

Mir um das Haupt – Es weht

Ein Schauer vom Gewölb herab

Und faßt mich an!

Ich fühl's, du schwebst um mich, erflehter Geist

Enthülle dich!

Ha! wie's in meinem Herzen reißt!

Zu neuen Gefühlen

All meine Sinnen sich erwühlen!

Ich fühle ganz mein Herz dir hingegeben!

Du mußt! du mußt! und kostet es mein Leben!
Er faßt das Buch und spricht das Zeichen des Geistes geheimnisvoll aus.
Es zuckt eine rötliche Flamme, der Geist erscheint in der Flamme.
Du mußt! du mußt! und kostet es mein Leben!

Geist:
Wer ruft mir?

Faust (abgewendet):
Schreckliches Gesicht!

Geist:
Du hast mich mächtig angezogen,

An meiner Sphäre lang gesogen,
Und nun –

Faust:
Weh! ich ertrag dich nicht!

Geist:
Du flehst, eratmend mich zu schauen,

Meine Stimme zu hören, mein Antlitz zu sehn;

Mich neigt dein mächtig Seelenflehn,
Da bin ich! –
Welch erbärmlich Grauen

Faßt Übermenschen dich! Wo ist der Seele Ruf?

Wo ist die Brust, die eine Welt in sich erschuf

Und trug und hegte, die mit Freudebeben

Erschwoll, sich uns, den Geistern, gleich zu heben?

Wo bist du, Faust, des Stimme mir erklang,

Der sich an mich mit allen Kräften drang?

Bist du es, der, von meinem Hauch umwittert,

In allen Lebenslagen zittert,

Ein furchtsam weggekrümmter Wurm?

Faust:
Soll ich dir, Flammenbildung, weichen?

Ich bin's, bin Faust, bin deinesgleichen!

Geist:
In Lebensfluten, im Tatensturm

Wall ich auf und ab,

Wehe hin und her!

Geburt und Grab,

Ein ewiges Meer,

Ein wechselndes Wehen,

Ein glühend Leben,

So schaff ich am laufenden Webstuhl der Zeit

Und wirke der Gottheit lebendiges Kleid.

Faust:
Der du die weite Welt umschweifst,

Geschäftiger Geist, wie nah fühl ich mich dir!

Geist:
Du gleichst dem Geist, den du begreifst,

Nicht mir!
verschwindet
Faust (zusammenstürzend) :
Nicht dir?

Wem denn?

Ich Ebenbild der Gottheit!

Und nicht einmal dir!
es klopft
O Tod! ich kenn's – das ist mein Famulus –

Es wird mein schönstes Glück zunichte!

Daß diese Fülle der Geschichte

Der trockne Schleicher stören muß!
Wagner im Schlafrock und der Nachtmütze, eine Lampe in der Hand. Faust wendet sich unwillig.
Wagner:
Verzeiht! ich hör euch deklamieren;

Ihr last gewiß ein griechisch Trauerspiel?

In dieser Kunst möcht ich was profitieren,

Denn heutzutage wirkt das viel.

Ich hab es öfters rühmen hören,

Ein Komödiant könnt einen Pfarrer lehren.

Faust:
Ja, wenn der Pfarrer ein Komödiant ist;

Wie das denn wohl zuzeiten kommen mag.
Wagner:
Ach! wenn man so in sein Museum gebannt ist,

Und sieht die Welt kaum einen Feiertag,

Kaum durch ein Fernglas, nur von weitem,

Wie soll man sie durch Überredung leiten?

Faust:
Wenn ihr's nicht fühlt, ihr werdet's nicht erjagen,

Wenn es nicht aus der Seele dringt

Und mit urkräftigem Behagen

Die Herzen aller Hörer zwingt.

Sitzt ihr nur immer! leimt zusammen,

Braut ein Ragout von andrer Schmaus

Und blast die kümmerlichen Flammen

Aus eurem Aschenhäuschen 'raus!

Bewundrung von Kindern und Affen,

Wenn euch darnach der Gaumen steht –

Doch werdet ihr nie Herz zu Herzen schaffen,

Wenn es euch nicht von Herzen geht.

Wagner:
Allein der Vortrag macht des Redners Glück;

Ich fühl es wohl, noch bin ich weit zurück.

Faust:
Such Er den redlichen Gewinn!

Sei Er kein schellenlauter Tor!

Es trägt Verstand und rechter Sinn

Mit wenig Kunst sich selber vor!

Und wenn's euch Ernst ist, was zu sagen,

Ist's nötig, Worten nachzujagen?

Ja, eure Reden, die so blinkend sind,

In denen ihr der Menschheit Schnitzel kräuselt,

Sind unerquicklich wie der Nebelwind,

Der herbstlich durch die dürren Blätter säuselt!

Wagner:
Ach Gott! die Kunst ist lang;

Und kurz ist unser Leben.

Mir wird, bei meinem kritischen Bestreben,

Doch oft um Kopf und Busen bang.

Wie schwer sind nicht die Mittel zu erwerben,

Durch die man zu den Quellen steigt!

Und eh man nur den halben Weg erreicht,

Muß wohl ein armer Teufel sterben.

Faust:
Das Pergament, ist das der heil'ge Bronnen,

Woraus ein Trunk den Durst auf ewig stillt?

Erquickung hast du nicht gewonnen,

Wenn sie dir nicht aus eigner Seele quillt.

Wagner:
Verzeiht! es ist ein groß Ergetzen,

Sich in den Geist der Zeiten zu versetzen;

Zu schauen, wie vor uns ein weiser Mann gedacht,

Und wie wir's dann zuletzt so herrlich weit gebracht.

Faust:
O ja, bis an die Sterne weit!

Mein Freund, die Zeiten der Vergangenheit

Sind uns ein Buch mit sieben Siegeln.

Was ihr den Geist der Zeiten heißt,

Das ist im Grund der Herren eigner Geist,

In dem die Zeiten sich bespiegeln.

Da ist's denn wahrlich oft ein Jammer!

Man läuft euch bei dem ersten Blick davon.

Ein Kehrichtfaß und eine Rumpelkammer

Und höchstens eine Haupt- und Staatsaktion

Mit trefflichen pragmatischen Maximen,

Wie sie den Puppen wohl im Munde ziemen!

Wagner:
Allein die Welt! des Menschen Herz und Geist!

Möcht jeglicher doch was davon erkennen.

Faust:
Ja, was man so erkennen heißt!

Wer darf das Kind beim Namen nennen?

Die wenigen, die was davon erkannt,

Die töricht g'nug ihr volles Herz nicht wahrten,

Dem Pöbel ihr Gefühl, ihr Schauen offenbarten,

Hat man von je gekreuzigt und verbrannt.

Ich bitt Euch, Freund, es ist tief in der Nacht,

Wir müssen's diesmal unterbrechen.

Wagner:
Ich hätte gern nur immer fortgewacht,

Um so gelehrt mit Euch mich zu besprechen.

Doch morgen, als am ersten Ostertage,

Erlaubt mir ein' und andre Frage.

Mit Eifer hab' ich mich der Studien beflissen;

Zwar weiß ich viel, doch möcht' ich alles wissen.

Faust I. 
Nacht, Zeilen 354-601