Dienstag, 3. September 2013

Prometheus (Goethe)


Prometheus

Bedecke deinen Himmel Zeus
Mit Wolkendunst!
Und übe Knabengleich
Der Disteln köpft
5An Eichen dich und Bergeshöhn!
Mußt mir meine Erde
Doch lassen stehn,
Und meine Hütte
Die du nicht gebaut,
10Und meinen Herd
Um dessen Glut
Du mich beneidest.
Ich kenne nichts ärmers
Unter der Sonn als euch Götter.
15Ihr nähret kümmerlich
Von Opfersteuern
Und Gebetshauch
Eure Majestät
Und darbtet wären
20Nicht Kinder und Bettler
Hoffnungsvolle Toren.
Da ich ein Kind war
Nicht wußt wo aus wo ein
Kehrt ich mein verirrtes Aug
25Zur Sonne als wenn drüber wär
Ein Ohr zu hören meine Klage
Ein Herz wie meins
Sich des Bedrängten zu erbarmen.
Wer half mir wider
30Der Titanen Übermut
Wer rettete vom Tode mich
Von Sklaverei?
Hast du's nicht alles selbst vollendet
Heilig glühend Herz
35Und glühtest jung und gut
Betrogen, Rettungsdank
Dem Schlafenden dadroben
Ich dich ehren? Wofür?
Hast du die Schmerzen gelindert
40Je des Beladenen
Hast du die Tränen gestillet
Je des Geängsteten?
Hat nicht mich zum Manne geschmiedet
Die allmächtige Zeit
45Und das ewige Schicksal
Meine Herrn und deine.
Wähntest etwa
Ich sollt das Leben hassen
In Wüsten fliehn,
50Weil nicht alle Knabenmorgen
Blütenträume reiften.
Hier sitz ich, forme Menschen
Nach meinem Bilde
Ein Geschlecht das mir gleich sei
55Zu leiden, weinen
Genießen und zu freuen sich
Und dein nicht zu achten
Wie ich!

Entstehung: 1772-74
Frühe Fassung

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen