(251) Wer aber
noch frische Weihung an sich hat, und das damalige vielfältig geschaut, wenn
der ein gottähnliches Angesicht erblickt oder eine Gestalt des Körpers, welche
die Schönheit vollkommen darstellen: so schaudert er zuerst, und es wandelt ihn
etwas an von den damaligen Ängsten, hernach aber betet er sie anschauend an wie
einen Gott und fürchtete er nicht den Ruf eines übertriebenen Wahnsinnes, so
opferte er auch, wie einem heiligen Bilde oder einem Gotte, dem Liebling. Und
hat er ihn gesehen, so überfällt ihn wie nach dem Schauder des Fiebers
Umwandlung und Schweiß und ungewohnte Hitze. Durchwärmt nämlich wird er, indem
er durch die Augen den Ausfluß der Schönheit aufnimmt, durch welchen sein
Gefieder gleichsam begossen wird. Ist er nun durchwärmt, so schmilzt um die
Keime des Gefieders hinweg, was schon seit lange verhärtet sie verschloß und
hinderte hervorzutreiben. Fließt aber Nahrung zu, so schwillt der Kiel des
Gefieders, und treibt hervorzutreten aus der Wurzel überall an der Seele, denn
sie war ehedem ganz befiedert. Hiebei also gährt alles an ihr und sprudelt auf,
und was die Zahnenden an ihren Zähnen empfinden, wenn sie eben ausbrechen,
Jucken und Reiz im Zahnfleisch, eben das empfindet auch die Seele dessen, dem
das Gefieder hervorzubrechen anfängt, es gährt in ihr, und juckt sie, und
kitzelt sie, wenn sie das Gefieder heraustreibt. Wenn sie also auch die
Schönheit des Knaben sehend und die davon ausströmenden und sich losreißenden
Teile, die deshalb Reize heißen, in sich aufnehmend den Reiz befruchtet und
erwärmt wird: so hat sie Linderung der Schmerzen und ist froh. Ist sie aber
getrennt von ihm und wird trocken: so hemmen wieder die Mündungen jener
Auswege, wo das Gefieder durchbricht, indem sie sich zusammenschrumpfend
schließen, den Trieb des Gefieders. Dieser also mit dem Reiz eingeschlossen
hüpft wie die schlagenden Adern, und sticht überall gegen die ihm bestimmten
Öffnungen, so daß die ganze Seele von allen Seiten gestachelt umherwütet und
sich abängstet; hat sie aber wieder Erinnerung des Schönen, so frohlockt sie.
Da nun beides so mit einander vermischt ist, bangt sie sich über einen so
widersinnigen Zustand, und aus dieser Unruhe gerät sie in Geistesverwirrung,
und bei diesem Wahnsinn kann sie weder des Nachts schlafen, noch bei Tage
irgendwo ausdauern, sondern sehnsüchtig eilt sie immer dahin, wo sie den, der
die Schönheit besitzt, zu erblicken hofft. Hat sie ihn nun gesehen, und sich
neuen Reiz zugeführt: so löst sich wieder auf, was vorher verstopft war; sie
erholt sich, indem Stiche und Schmerzen aufhören, und kostet wieder für den
Augenblick jene süßeste Lust. (252)
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